Zentrum ist die Beziehung
Daniel Sollberger: Beziehungsgestaltung in psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungen

Zentrum ist die Beziehung

Book Review
Issue
2024/02
DOI:
https://doi.org/10.4414/sanp.2024.1388650633
Swiss Arch Neurol Psychiatr Psychother. 2024;175(02):36

Published on 17.04.2024

Beziehungsgestaltung ist eine der Grundvoraussetzungen für eine psychiatrische oder auch psychotherapeutische Behandlung. In diversen Studien wurde auf den Wirkfaktor einer wohlwollenden Beziehung zwischen Therapeut und Patient hingewiesen. Schon im ersten Moment der Begegnung entscheidet sich, ob es zu einer gelingenden Beziehung kommen kann oder nicht. Somit haben die Erst- oder Abklärungsgespräche eine grosse Bedeutung für das Gelingen dieser besonderen Beziehung. Es ist eine ungleiche Beziehung und auch nicht. Beide Parteien müssen entscheiden, ob sie sich aufeinander einlassen können und wollen. Dennoch ist es für den Patienten ungleich schwieriger Vertrauen zu entwickeln. Zum einen besteht zwar der Leidensdruck, zum anderen aber auch die Scham, sich einem Fremden öffnen zu müssen. Es braucht deutlich mehr Vertrauensvorschuss von Seiten des Patienten, aber auch der Therapeut muss sich Gedanken machen, ob er sich auf eine Beziehung mit diesem Menschen einlassen kann.
Dieses Werk befasst sich nun mit allen Stadien und Phasen der Beziehungsgestaltung- und Kontaktaufnahme. Der Autor greift dabei vor allem auch die grossen Themen der Therapieprozesse auf. Dazu gehört das therapeutische Bündnis, Rupturen und drohende Therapieabbrüche, Schweigen in der Therapie, Idealisierung und Entwertung, Sexualisierung oder auch suizidale Krisen und Belastungen der therapeutischen Beziehung, werden als Prozessphänomene vertieft erörtert. Die Beschreibungen aus analytischer Sicht sind sehr praxisbezogen und bringen den Leser unmittelbar in Kontakt mit eigenen Erfahrungen. Die in den Prozessbeschreibungen auftretenden Phänomene werden den Diagnosen mit ihren häufig schwierigen Dynamiken zugeordnet. Das Gebiet der Beziehungsgestaltung ist ebenfalls zentraler Gegenstand in Supervisionen, in welchen verschiedenste Perspektiven gelingender wie schwierigerer Konstellationen reflektiert werden sollten, um eine Weiterentwicklung für den Patienten wie für den Therapeuten anzuregen. Die Fokussierung auf dieses Thema ist noch selten so umfassend und anschaulich gelungen wie in dem vorliegenden Werk.
Daniel Sollberger: Beziehungsgestaltung in psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungen.
Köln: Psychiatrie Verlag GmbH; 2023. 192 Seiten, 30.00 EUR. ISBN: 978-3-96605-115-6